Stellungnahme zum „Hintergrundpapier Steinkohle“

BBI und BUND platzieren massive Kritik

-vie -IVZ 21.01.2022- IBBENBÜREN. Die Regionalgruppe Münsterland des BUND und die Bürgerinitiative Bergbaubetroffener im Ibbenbürener Steinkohlenrevier (BBI) kritisieren massiv das „Hintergrundpapier Steinkohle“. Das geht aus der 54-seitigen Stellungnahme der beiden Verbände hervor, die diese kürzlich öffentlich gemacht haben.

Das Hintergrundpapier des Landesumweltministeriums nennt Begründungen für die Ausnahme von Bewirtschaftungszielen im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie im Ruhrgebiet und im Ibbenbürener Kohlerevier. „Dass das Grundlagenpapier vom NRW-Umweltministerium mit mehr als viermonatiger Verspätung im Rahmen der verpflichtenden Öffentlichkeitsbeteiligung ins Netz gestellt wurde, darf als unübersehbarer Hinweis auf das hohe Konfliktpotential gelten, das zwischen der von der Politik und dem Bergbau erwünschten weitestgehend unbehandelter schadstoffbelasteter Grubenwässer ‚auf ewig‘ und den dagegen stehenden gesetzlichen Anforderungen der EU-Wasserrahmen-Richtlinie an die Qualität unserer heimischen Oberflächengewässer herrscht!“, erklärt der BUND dazu auf seiner Homepage.

Schon vor sechs Jahren hatte der BUND laut Pressemitteilung der beiden Verbände eine Stellungnahme abgegeben. Und anders als heute sei damals der Umgang mit „der Belastung durch schwer abbaubare Ultragifte wie PCB und PCB-Ersatzstoffe auch über das Ende des Bergbaus als grundsätzlich bewältigbar beschrieben worden“. Nun bemühe man sich, „mithilfe von Ausnahmetatbeständen (‚Abweichende Bewirtschaftungsziele‘), aus dem Dilemma ‚auf billige Art und Weise herauszukommen‘“, lautet der Vorwurf der Verbände.

Während im Saarland der RAG das Entfernen dieser langlebigen Gifte erst jüngst per Genehmigungsbescheid des saarländischen Bergamtes als nach Stand der Technik machbar und daher ausdrücklich vor der Einleitung in ein Oberflächengewässer auferlegt worden sei, löse man „in NRW diesen Umweltfrevel scheinbar auf bürokratischem Wege“, so die Verbände. Im Hintergrundpapier wird dargelegt, dass „auf der vorliegenden Erkenntnisbasis (…) derzeit jedoch fachlich noch nicht abschließend über den tatsächlichen Einsatz dieser Filtrations-Technik zur Grubenwasseraufbereitung bzgl. PCB im großtechnischen Maßstab entschieden werden“ kann. Entsprechende Pilotanlagen, mit denen zumindest theoretisch an Partikel gebundene PCB gefiltert werden könnten, standen unter anderem in Ibbenbüren. Die RAG hatte im Nachgang stets erklärt, dass man sich bei den PCB an der Nachweisgrenze bewege. „Erst wenn die erprobten technischen Möglichkeiten zur Reduzierung von PCB geeignet und auch in der erforderlichen Skalierung technisch umsetzbar sind, kann bei jeder einzelnen Einleitung abschließend auch die Verhältnismäßigkeit einer etwaigen Reduzierungsmaßnahme geprüft werden“, heißt es dazu im Hintergrundpapier Steinkohle. Die BBI und der BUND werfen in ihrer Stellungnahme den Beteiligten vor, das Hintergrundpapier Steinkohle baue ausschließlich auf „fiktiven Behauptungen und technischen Wunschvorstellungen“ auf. Unter anderem wird kritisiert, dass „fast ausschließlich Ausarbeitungen des Unternehmens DMT“ zitiert würden, dem BBI und BUND letztlich eine zu große Nähe zur RAG vorwerfen.

Angesichts der aktuellen Zunahme von wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren im Steinkohlerevier im Zusammenhang mit den Zulassungen der Abschlussbetriebspläne über Tage kritisieren die BI und die BUND laut Mitteilung zudem die Art und Weise, mit der die Bergbehörde sich mit den von der RAG vorgelegten und mit ihren Gutachtern bekräftigten Anträgen auseinandersetzt. Sowohl der Umgang mit dem sogenannten Boxmodell zur Bemessung des Wasseranfalls als auch die genehmigungsrechtliche Würdigung der Sümpfungswässer, die aufgrund der großflächigen, vom Bergbau verursachten Polderungen „auf ewig“ anfallen, seien in hohem Maße kritikwürdig.

Nicht zu Lasten der Umwelt sparen

IVZ 11.8.2021

Die Grubenwasser-AG Ibbenbüren nimmt Stellung zum Artikel in der IVZ „Filtertechnik löst PCB-Frage nicht“ (6.8. 2021).

In einer Pressemitteilung heißt es: „Angestoßen durch zwei Beschlüsse im Umweltausschuss und im Stadtrat der Stadt Bergkamen im Ruhrgebiet, in dem man die RAG auffordert, dass Ultragift PCB aus dem Grubenwasser in einer zu bauenden Anlage herauszufiltern, hat nun die RAG in einem Brief an die Gemeinde Mettingen ihren Standpunkt dargelegt. Danach will man weder in Bergkamen noch in Ibbenbüren solch eine Filteranlage bauen. Begründet wird das mit von ihr prognostizierten Messwerten, die schon heute angeblich
„unterhalb der Umweltqualitätsnorm (UQN)“ liegen würden. Zu dieser von der RAG immer wieder irrtümlich ins Feld geführten Begrifflichkeit, die der Oberflächengewässerverordnung entlehnt ist, muss man aber wissen, dass die Einleitung des Grubenwassers in ein Oberflächengewässer ausschließlich auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 8 und 9 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) erfolgen darf. Im WHG taucht der Begriff UQN nicht auf.“

Weiter heißt es seitens der Grubenwasser AG: „Die RAG u.a. meinen, man könne z.B. soviel PCB einleiten, bis die Grenzwerte der UQN erreicht seien – ein fataler Irrtum, dem aber leider nicht widersprochen wird. Das eine hat mit dem anderen rechtlich nichts zu tun.

Außerdem zeigt der 1. Folgebericht 2018 vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) an der direkten Einleitstelle des Grubenwassers in die Ibbenbürener Aa deutlich höhere Werte auf. Ein PCB-Ersatzstoff, der ähnliche negative Umwelteigenschaften hat, wird von der RAG erst gar nicht genannt. Mit Halbwahrheiten tut man der viel beschworenen Transparenz keinen Gefallen. Weiterhin sagt die RAG, dass der wasserlösliche Teil des PCB nicht mit der derzeitigen Filtertechnik heraus gefiltert werden könnte. Zumindest aus Sicht der Grubenwasser-AG ist diese Aussage nicht haltbar, da ein Gutachten von IWW – Spiekermann aus dem Jahre 2016, welches vom Land NRW bestellt wurde, etwas anderes aussagt. So könne mit Aktivkohle-Filtern das PCB herausgefiltert werden. Die Folgekosten sind bei dem Verfahren allerdings hoch, da die belasteten Filterstoffe der Hochtemperaturverbrennung zugeführt werden müssten.


Da der Vorsitzende der RAG-Stiftung, die für das Grubenwasser zuständig ist, immer wieder gerne öffentlich betont, dass die Stiftungskasse gut gefüllt sei, darf man dort nicht zulasten der Umwelt sparen.

Leider sind wir in Ibbenbüren, Hörstel und im Kreistag Steinfurt noch deutlich von Beschlüssen wie in Bergkamen entfernt.“

„Kaum Veränderung zum Positiven“

Grubenwasser-AG blickt fünf Jahre zurück

IBBENBÜREN. „Nichts bis herzlich wenig“ habe sich in den vergangenen fünf Jahren beim Thema Grubenwasser zum Positiven verändert, meint die Grubenwasser-Arbeitsgruppe Ibbenbüren in einer Pressemitteilung. Ausgangspunkt für diese Feststellung ist ein Zeitungsbericht aus März 2016 über eine Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses des Kreises
Steinfurt. Bemerkenswert seien unter anderem die darin zu findenden damaligen Aussagen des seinerzeitigen Kreisbaudezernenten Niederau zum Thema PCB, Chloride und Sulfate im Grubenwasser der Ibbenbürener Zeche. Er sei „nicht zuständig“ und „völlig überfordert“,
zitiert Norbert Westphal von der Grubenwasser-Arbeitsgruppe. Gleichzeitig habe die Kreisverwaltung „kurioserweise aber eher Entwarnung im Hinblick auf die Zukunft der Ibbenbürener
Gewässer“ gegeben, so Westphal.


Inzwischen wurde der Bergbau im August 2018 eingestellt. Das Grubenwasser steige jetzt aktuell seit einigen Wochen an, schreibt Westphal. „Die Genehmigung der wasserrechtlichen Erlaubnis liegt bis heute noch nicht vor. Mit der Verfüllung der Schächte hat man salamitaktikartig unumkehrbare Fakten geschaffen. Nach Meinung eines von der Grubenwasser-AG beauftragen Gutachters ist die Vorgehensweise grob sachwidrig“, so Westphal.


Und weiter: „Eine von der Grubenwasser-AG geforderte bergrechtliche Planfeststellung mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung für den Grubenwasseranstieg
– Fehlanzeige! Die gleichartige Forderung einer Planfeststellung mit UVP und Öffentlichkeitsbeteiligung in der Dezembersitzung 2020 des Kreistages Steinfurt lief leider auch ins Leere.“


Nunmehr habe die Bezirksregierung Arnsberg in den letzten Tagen bei der verpflichtenden Bekanntgabe des Ergebnisses ihrer allgemeinen Vorprüfung erklärt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung
bei einer Grubenwassermenge von prognostizierten 8,4 Millionen Kubikmeter Grubenwasser jährlich nicht notwendig sei. „Die Betonung liegt dabei auf ‚prognostiziert‘“, schreibt Westphal. Dabei scheine die geringe Wasserführung der ohnehin schon belasteten Ibbenbürener und Hörsteler Aa keine Berücksichtigung zu finden. Dass die Bezirksregierung Arnsberg sehr bergbaufreundliche Entscheidungen treffe, „ist uns nicht wirklich neu“. Eine gewisse Hoffnung mache ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes bezüglich „des Schutzes unseres Wassers in all seinen Facetten, dass zudem die Klagerechte von betroffenen Bürgern deutlich stärke“. Insgesamt betrachtet, sei das bisherige Ergebnis „einfach nur traurig“, meint die Grubenwasser-Arbeitsgruppe. „Aber ein Aufgeben ohne wesentliche Erfolge für unsere Umwelt und die Bürger kommt für die Mitglieder der Grubenwasser-AG nicht infrage.“

IVZ vom 20.02.2021

Viel gelobte Transparenz wird nicht gelebt

Bürgerinitiative Bergbaubetroffene Ibbenbüren nimmt Stellung zur Kreis-Umweltausschusssitzung. KREIS STEINFURT/TECKLENBURGER LAND. In einem Schreiben bezieht Norbert Westphal, Mitglieder im Vorstand der „Bürgerinitiative Bergbaubetroffene Ibbenbüren“ (BBI) und der Grubenwasser-Arbeitsgruppe Stellung zur Umweltausschusssitzung im Kreishaus in Steinfurt am 1. Dezember 2020. Dort heißt es: „Wenn jetzt die RAG sich über das verbreitete Misstrauen in der Kreispolitik wundert, so war dies doch längst überfällig. Die emotionale Aussage vom Sprecher der Geschäftsführung der RAG Herrn Kunz ‚Wir wollen doch nur das Beste für die Region´ ist zumindest aus Sicht der Grubenwasser Arbeitsgruppe eine leere Worthülse“, schreibt Norbert Westphal.

„Wenn man tatsächlich das Beste gewollt hätte, wäre ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung und einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung genauso wie im Saarland auch in Ibbenbüren ins Leben gerufen worden. Die RAG im Saarland ist dieselbe wie in Ibbenbüren. Dasselbe gilt für das Bundesberggesetz und das Wasserhaushaltsgesetz. Der entscheidende Unterschied ist aber der, dass die Politik und die Verwaltungen dort die Sache im Sinne des Gemeinwohls viel kritischer sehen und nicht so bergbaufreundlich entscheiden wie vor Ort. Gleiches gilt für die Bezirksregierung Arnsberg und den Unterausschuss Bergbausicherheit des Landtages NRW in Düsseldorf. Hier vor Ort werden die verschiedenen Abschlusspläne salamitaktikartig nach und nach beantragt. Der Gutachter der Grubenwasser-AG hält die Entkopplung des Wasserrechtsantrages vom Abschluss-Betriebsplan für grob sachwidrig. Möglicherweise würden dadurch fehlerhafte und rechtswidrige Bescheide erwirkt. Die vielbesprochene Schnelligkeit für den Abschluss dient überhaupt nicht dazu, Vertrauen und Transparenz herzustellen. Gründlichkeit geht absolut vor Schnelligkeit. Dabei darf Geld keine Rolle spielen. Überhaupt sei laut RAG das Vorhaben keine Geldfrage. Aber drei Sätze weiter wird behauptet, dass eine UVP zusätzliches Geld kosten und das Verfahren in die Länge ziehen. Was gilt denn jetzt?“ fragt Norbert Westphal.

Weiter heißt es: „Auch seitens der Bezirksregierung Arnsberg wurde die Transparenz angesprochen. Die Erfahrungen der in der Grubenwasser-AG vertretenen Umweltverbände und Bürgerinitiativen zeigen aber, dass die viel gelobte Transparenz in der Realität nicht gelebt wird. Es wird zwar nicht unbedingt gelogen, aber oft wird nur die halbe Wahrheit gesagt und Fakten wie zum Beispiel die Messergebnisse von Schadstoffen im Grubenwasser werden nur teilweise bekannt gegeben. Bleibt nur zu hoffen, dass in den kommenden Sitzungen im Kreisausschuss und im Kreistag der Verwaltung aufgezeigt wird, wie in Deutschland die Gewaltenteilung zu funktionieren hat.“

Aus der IVZ vom 09.12.2020 für Norbert Westphal